Unsere liebe Kasia und Fellnase Bambi haben ihre Prüfung zum Therapiehunde-Team erfolgreich bestanden. Die zwei sind nun bereit, unsere Klientinnen und Klienten, z.B. im Autismus-Spektrum, mit ihren erlernten Fähigkeiten zu bereichern. Wie ein Therapiehund helfen kann und wie die Ausbildung ablief, erfährst du im Interview:
Warum hast du dich dazu entschieden, mit deinem Hund in eine spezielle Ausbildung zu gehen?
Ich bin überzeugt, dass ein Hund eine große Bereicherung für die Autismustherapie sein kann. Die Arbeit mit Mensch und Tier hat mich schon immer fasziniert, und es macht mir großen Spaß, gemeinsam mit meinem Hund etwas Sinnvolles zu tun.
Was für eine Ausbildung hast du mit deinem Hund genau absolviert?
Mein Hund und ich haben die Therapiebegleithund-Basis-Ausbildung absolviert, die von der ESAAT (European Society for Animal Assisted Therapy) zertifiziert ist.
Wie darf man sich die Ausbildung vorstellen?
Gibt es einen Eignungstest oder Ähnliches?
Die Ausbildung beginnt mit einem verpflichtenden Eignungstest, der sicherstellt, dass Mensch und Hund als Team geeignet sind. Um zum Test zugelassen zu werden, sind z.B. folgende Nachweise erforderlich:
- Gesundheitsbescheinigung vom Tierarzt
- Nachweis über grundlegende Signalkontrolle des Hundes
- Nachweis einer mindestens zweijährigen beruflichen Fachausbildung des Halters in den Bereichen Psychologie, Medizin, Therapie, Soziale Arbeit oder Pädagogik
Nach Bestehen des Eignungstests beginnt die Basisausbildung, die aus fünf Modulen besteht. Diese wird in monatlichen Wochenendseminaren durchgeführt und beinhaltet sowohl Theorie- als auch Praxiseinheiten. Zusätzlich müssen Hausarbeiten angefertigt werden, teilweise mit Videoaufnahmen. Die Ausbildung umfasst insgesamt 66,5 Unterrichtseinheiten (UE) und beinhaltet eine Supervision.
Am Ende der Ausbildung steht eine theoretische und praktische Abschlussprüfung. Nach erfolgreichem Abschluss muss alle zwei Jahre eine Nachprüfung abgelegt werden.
Welche Eigenschaften sollte ein Hund deiner Meinung nach haben, um für diese Art der Ausbildung geeignet zu sein? Eignet sich jede Rasse?
Ein Hund sollte ein freundliches, souveränes und ausgeglichenes Wesen haben. Er sollte Freude am Kontakt mit Menschen haben und über eine zuverlässige Signal- und Impulskontrolle verfügen.
Außerdem gelten folgende Anforderungen:
- Mindestalter zum Eignungstest: 12 Monate
- Maximales Alter zum Eignungstest: 7 Jahre
- Er sollte ein ausgeprägtes Explorationsverhalten zeigen und offen für neue Umwelteinflüsse sein
- Der Hund muss aktiv und freiwillig auf Menschen zugehen, um positive Interaktionen zu fördern
- Eine gute Sozialisation und Habituation sind essenziell, damit der Hund unterschiedliche Situationen souverän meistert
- Geistige und körperliche Reife sowie eine hohe Motivation und Spielfreude sind von Vorteil
Ob sich jede Rasse eignet, hängt vom geplanten Einsatzbereich ab. Charakter und Wesen des Hundes sind entscheidender als die Rasse selbst.
Kommunikation zwischen Mensch und Hund
Welche Kompetenzen habt ihr einzeln/als Team erworben?
Ich habe meinen Hund noch besser kennengelernt und unsere Bindung ist dadurch noch tiefer geworden. Zudem habe ich viele neue Ideen und Anregungen für unsere gemeinsame Arbeit erhalten. Wir achten jetzt noch mehr aufeinander und reagieren bewusster auf Signale. Ich habe die Hundesprache besser verstanden und bin souveräner im Umgang mit Bambi geworden. Außerdem wurde ich für viele Aspekte der tiergestützten Arbeit sensibilisiert.
Bambi hat während der Ausbildung neue Kommandos gelernt und wurde in ihrer Kommunikation mit Menschen geschult.
Welche konkreten Übungen oder Techniken wurden euch beigebracht, um die Bindung und Kommunikation mit dem Hund zu stärken?
Uns wurden verschiedene Einsatzmöglichkeiten und Methoden vermittelt, die je nach Klientel eingesetzt werden können.
Zu den Übungen gehörten unter anderem:
- Das Kommando „Decke“ – der Hund lernt, auf seiner Decke zu bleiben und sich dort zu entspannen
- Sanftes Aufnehmen von Leckerlis
- Spezielle Fähigkeiten wie Würfeln, Karten ziehen oder Apportieren von Gegenständen
- Die Körpersprache des Hundes reflektieren und richtig deuten
- Rechtzeitiges Erkennen von Signalen in der Körpersprache des Hundes
- Verständnis für den Tierschutz und dessen Umsetzung in der Praxis
Diese Techniken helfen dabei, die Kommunikation zwischen Mensch und Hund zu verbessern und die Bindung zu stärken.
Was ist der Unterschied zwischen einem pädagogischen Begleithunde-Team und einem Therapiehund?
Ein Therapiebegleithund arbeitet niemals allein, sondern immer in seinem festen Mensch-Hund-Team. Die Ausbildung erfolgt gezielt für das Team, und nur gemeinsam dürfen sie in tiergestützten Interventionen eingesetzt werden.
Ein Assistenzhund hingegen arbeitet selbstständig und verfügt über spezielle Fähigkeiten, zum Beispiel das Erkennen von epileptischen Anfällen, Panikattacken oder einem zu niedrigen Blutzuckerspiegel bei Diabetes.
Welche Auswirkungen hatte die Ausbildung auf den Alltag deines Hundes und dein eigenes Leben?
Bambi darf mich immer wieder bei meiner Arbeit begleiten – und sie liebt es! Jedes Mal, wenn sie merkt, dass sie mitkommen darf, freut sie sich riesig.
Für mich persönlich hat sich mit dieser Ausbildung ein Traum erfüllt. Ich wollte schon immer mit einem Hund im therapeutischen Bereich arbeiten. Leider erfüllte mein vorheriger Hund nicht die erforderlichen Voraussetzungen, doch mit Bambi und dem Integrationswerk konnte ich diesen Wunsch endlich verwirklichen.
Wie ein Therapie-Hunde-Team helfen kann
Welche Klienten profitieren von eurer Ausbildung und welche konkreten Therapieansätze könnt ihr gemeinsam bearbeiten?
Unsere Arbeit kann für verschiedene Klienten von großem Nutzen sein. Besonders profitieren:
Menschen mit Angst vor Hunden – Sie können durch kontrollierte Begegnungen Ängste abbauen und lernen, Hunde besser zu verstehen.
Autisten – Hunde kommunizieren immer ehrlich und authentisch, sie zeigen Gefühle unmittelbar und reagieren sensibel auf Emotionen. Das hilft Autisten, nonverbale Kommunikation besser zu verstehen und sich auf andere Lebewesen einzulassen.
Menschen mit Antriebslosigkeit oder Bewegungsmangel – Die Anwesenheit eines Hundes kann motivieren, nach draußen zu gehen oder sich mehr zu bewegen.
Personen, die sich unsicher oder unwohl fühlen – Ein Hund kann Sicherheit geben und soziale Interaktionen erleichtern.
In unseren Einsätzen können wir verschiedene Therapieansätze unterstützen, zum Beispiel:
- Soziale Interaktion fördern: Der Hund hilft als „Brücke“ zwischen Klient und Therapeut.
- Emotionsregulation und Achtsamkeit: Klienten lernen, die Körpersprache des Hundes zu deuten und ihre eigenen Gefühle bewusster wahrzunehmen.
- Förderung von Motorik und Koordination: Durch gemeinsames Spielen, Apportieren oder das Erlernen von Tricks werden Bewegungsabläufe geschult.
- Stärkung des Selbstbewusstseins: Das Erleben von Erfolgsmomenten in der Interaktion mit dem Hund stärkt das Selbstvertrauen.
Was ist deiner Meinung nach der größte Vorteil eines Mensch-Hund-Teams im Vergleich zu anderen Therapieansätzen?
Ein Mensch-Hund-Team bietet viele Vorteile, die klassische Therapieansätze nicht in dieser Form leisten können:
Bereicherung für den Therapieprozess:
Ein Hund kann als Motivator und Aktivator dienen, da seine bloße Anwesenheit oft Freude auslöst und eine entspannte Atmosphäre schafft.
Attraktivität und spielerischer Zugang:
Die Interaktion mit einem Hund fühlt sich für viele Klienten weniger wie „Therapie“ an und kann spielerisch erfolgen.
Brücke in der Kommunikation:
Gerade für Menschen, die Schwierigkeiten haben, sich verbal auszudrücken, kann der Hund eine Brücke sein, um Emotionen zu zeigen und Vertrauen aufzubauen.
Direkte, ehrliche Reaktionen:
Hunde spiegeln Emotionen direkt wider, was eine bewusste Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen fördert.
Senkung von Stress und Anspannung:
Die Nähe eines Hundes wirkt nachweislich beruhigend und kann helfen, Angst oder Unsicherheit abzubauen.
Wie siehst du die zukünftige Entwicklung des Einsatzes von Therapiehunden und die Bedeutung von solchen Ausbildungen?
Ich hoffe, dass der Einsatz von Therapiehunden in Zukunft noch weiter wächst und stärker anerkannt wird. Es wäre wünschenswert, dass mehr Institutionen und Fachkräfte für das Potenzial tiergestützter Interventionen sensibilisiert werden.
Studien belegen bereits, dass die Anwesenheit von Tieren – insbesondere von Hunden – sowohl körperlich als auch psychisch positive Effekte hat. Ich hoffe, dass solche Ausbildungen weiterhin an Bedeutung gewinnen.